Wege zu einer neuen Bildsprache

Der Künstler Per Kirkeby als Impulsgeber

In einem unserer KUNSTerfüllt-Zooms näherten wir uns dem Werk des dänischen Künstlers Per Kirkeby. Der promovierte Geologe, der 2018 verstarb, setzte sich in seinem künstlerischen Werk sehr mit der Natur auseinander. Geprägt durch seine erste Expedition nach Grönland, die er als Schlüsselerlebnis empfand, überrascht es nicht, dass er seine Bilder als „Sedimentation“ bezeichnete. Per Definition ist unter „Sedimentation“ eine „Ablagerung von Stoffen, die an anderer Stelle abgetragen oder von pflanzlichen, tierischen Organismen abgeschieden wurden“, zu verstehen. (Geologie, Quelle Wörterbuch Oxford Languages.)

„Ich glaube, hier fand ich das, was ich brauchte, um Künstler zu werden.“

Das Zitat Kirkebys bezieht sich auf diese Grönland-Expedition und zeigt, wie eng seine geologischen Beobachtungen mit seinem künstlerischen Schaffen verknüpft sind. Die Besonderheit in seiner Malerei: er arbeitete oft sehr lange, manchmal Jahre, an seinen Bildern und gestaltete sie durch viele übereinanderliegende Schichten. Die Farbschichten seiner Bilder sind vergleichbar mit den Gesteinsschichten der Erde.  

In seinen großformatigen Werken sind geologische Strukturen und eine spezielle Oberflächenbeschaffenheit erkennbar. Die Strukturen und Oberflächen verweisen auf eine Transformation während des Malprozesses und verfügen über eine tiefe Atmosphäre.

Neue Wege der Bildsprache entdecken

Für die Dauer von 2 Wochen bekamen die Teilnehmenden des KUNSTerfüllt-Zooms die Aufgabe, täglich eine „Sedimentschicht“ auf den gleichen Bilduntergrund, egal ob Papier, Malplatte oder Leinwand aufzutragen. Die einzelnen Schichten des jeweiligen Tages konnten frei und individuell gestaltet werden. Ob Kritzelei, Schraffur, Lasur oder pastose Fläche, ob mit Kuli, Bleistift, Pinsel oder Spachtel, die Teilnehmenden sollten ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Die einzelnen Prozessschritte wurden mit einem Foto festgehalten, um zum Ende der Übung die Bildmetamorphose reflektieren und analysieren zu können. 

Künstlerische Herausforderungen

Der Prozess der Bildmetamorphose war sehr spannend. Denn während des Prozesses, gab es einige Hürden zu bewältigen. Sich jeden Tag etwas Zeit zu nehmen, um eine Schicht aufzutragen, zu überlegen, wie der nächste Schritt aussehen könnte und sich zu überwinden, den Prozess weiterzuführen, wenn ein Bildzustand gefiel, waren Themen, die auftauchten.

Diese Prozesse als Herausforderungen zu erkennen, zu reflektieren und anzunehmen, war Ziel der Aufgabe.

Jede einzelne Erfahrung wurde von den Teilnehmenden als wichtig und als Stärkung für die weitere künstlerische Arbeit empfunden. 

Wie kann es weitergehen im Prozess der Metamorphose?

Im nächsten KUNSTerfüllt-Zoom besprachen und beleuchteten wir die gewonnenen Erkenntnisse. Neben dem Bedauern einiger Teilnehmenden den Prozess nicht jeden Tag verfolgt zu haben, wurden weitere Herausforderungen genannt, die den künstlerischen Flow behinderten. Es zeigte sich, dass einige sehr „im Kopf“ unterwegs waren, jeden einzelnen Schritt planten und somit keinen Raum für Spontanität und Intuition fanden. Außerdem wurden Zwischenschritte der Metamorphose schöner als das vorläufige Endergebnis empfunden.

„Schade, dass es jetzt vorbei ist.“ Diese Aussage einer Teilnehmerin machte sehr schnell klar, dass es weitergehen sollte und wir uns noch mitten im Prozess der Sedimentation befanden.

Was nehmen wir aus dem „Sedimentationsprozess“ mit?

Die Übung wurde deshalb 2 Wochen fortgesetzt. In dieser Zeit erlebten die Bilder eine zum Teil radikale Verwandlung. Die Teilnehmenden waren jetzt sehr zufrieden, zum einen, weil das Bild fertig erschien, zum anderen, weil es ein tieferes Verstehen des Prozesses gab.

Es lohnt sich weiterzumachen, nicht so schnell aufzugeben, an einer Sache dranzubleiben, Dinge auch einmal zu verwerfen, nicht nur zu denken, sondern auch zu fühlen, „seinem Bauch zu vertrauen“, mutig zu sein, etwas zu wagen, loslassen zu können und sich Zeit zu nehmen, Bilder weiter voranzutreiben und sich nicht mit einem „schönen“ Zwischenergebnis zufrieden zu geben.

Die Beschäftigung mit dem Werk Kirkebys eröffnete neue Perspektiven, erweiterte das handwerkliche Geschick beim Malen und zeigte, dass Malen als längerer Prozess zu tieferer Atmosphäre in den Werken führte.

Den Dialog mit seinem Werk aufzunehmen und zu hinterfragen, was ein nächster Schritt sein kann, fördert die Reifung der eigenen Bildsprache.

Was denkst du? Hast du Lust die „Sedimentation“ in deiner Malerei auszuprobieren? Wie gehst du in einen Dialog mit deinem Werk?

 

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